Erziehungsaufgaben und angere Schissdräck


IIch kann nicht ausschliessen, dass ich das Folgende oder Ähnliches schon mal geschrieben habe, denn es handelt sich hierbei um ein äusserst wichtiges Thema. Nein, ich spreche nicht von Wassermelonen oder süssem Senf, ich spreche von Sprache, von unserer Sprache, von meiner Sprache. Ich beherrsche genau eine Sprache. Und wenn ich beherrsche sage, meine ich das auch und nicht die bedauerlich brüchigen Brocken Französisch, Spanisch oder Italienisch, auch nicht Englisch, oder gar Deutsch. Ich spreche von Berndeutsch, der einzigen Sprache die ich WIRKLICH beherrsche, wenn auch nur gesprochen. Wenn ich meine Kinder also schon nicht bilingue aufwachsen lassen kann und sie fatalerweise auch noch für keine Frühsprache angemeldet habe, so nehme ich zumindest meine Aufgabe als Vermittlerin des berndeutschen Dialekts wahr. Ich bringe meinen Kindern berndeutsche Flüche bei, lehre sie berndeutsch Namen zu verhunzen, unterbinde unzulässige s in mehrzählernen Nomen und trimme sie rigoros darauf, berndeutsche Zahlwörter anzugleichen.

Berndeutsche Konversationsversion: 
Y: „Maaamaa! Da usse schtöh zwöi Manne mit zwöi Täsche, i gloub dr eint isch dr Tom.“
Ich: „Zwe Manne mit zwo Täsche, heissts, u ja, dr Tömu het gseit är bringi Gipfeli.“
Y: „Juhu! Chani uftue? Chani d Gpfelis hole?“
Ich: „Gipfeli! U ja, chasch ne entgäge ga, dr Tömu muess när nämlech witer.“
… Türknallen … (einige Minuten) … Türknallen …
Y: „ Mir si aui Gipfelis wo üs dr Tömu vorhär bracht het abegheit, itz isch aus vou Brösmelis. Scheisse!“
Ich: „Ypsilöndli! Das seit me nid! Bi üüs seit me Gipfeli, Brösmeli u Schiissi oder Schissdräck!“
 
Deutsche Konversationsversion:
Y: „Maaamaa! Da draussen stehen zwöi Manne (zwei Männer) mit zwöi Täsche (zwei Taschen), ich glaube der eine ist Tom.“
Ich: „Zwe Manne (zwei Männer) mit zwo Täsche (zwei Taschen)! Und ja, Tömu hat gesagt, dass er Gipfeli (Croissants) bringe.“
Y: „Juhu! Kann ich öffnen? Kann ich die Gipfelis (Croissants) holen gehen?“
Ich: „Gipfeli (Croissants)! Und ja, du kannst ihnen entgegen gehen, Tömu muss nachher nämlich weiter.“
… Türknallen … (einige Minuten) … Türknallen …
Y: „Maaamaaa! Mir sind alle Gipfelis (Croissants), die uns Tömu vorher gebracht hat, runtergefallen, jetzt ist alles voller Brösmelis (Krümel). Scheisse!
Ich: „Ypsilönchen! Das sagt man nicht! Bei uns sagt man Gipfeli, Brösmeli u Schiissi oder Schissdräck!“
 

Ich gebe zu: Berndeutschismen im Deutschen sind auch nicht eben schön, ich weine innerlich, ja manchmal auch ein bisschen äusserlich, jeweils sehr laut, wenn vom Einten (Einen) oder Anderen die gesprochen oder gar geschrieben wird, aber noch garstiger hören sich Deutschismen im Berndeutschen an, ehrlich, ich will das nicht. Alles gesagt. Fertig.

21 Kommentare

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21 Antworten zu “Erziehungsaufgaben und angere Schissdräck

  1. .

    (Muttersprache muss sein. (Und sei es Bärnddütsch *duckundweg*))

  2. katja

    Taatsächläch, d’Fraag vom richtig richtigä Bärndütsch schteut säch äuä scho ersch bir Spracherziehig vom eigete Ching.. Seit mä iz scho widr Traktör oder Traktorä? ..us git Lüt wo schtiif u fescht bhoupte „Danke“ statt „Merci“ ds sägä sigi Dialäktverlümdig. U we mä de no so richtig urchig ufgwachsä isch, chunnt mä zuesätzläch i Klinsch. Chönnt ömu nid vomr bhouptä i schnuri wi mr dr Schnabu gwachsä isch..

    • Auso ig säge geng Merci, oder fasch geng, aber Danke fingi itz o nid extrem dernäbe. U i würd Traktöör säge. Aber wahrschiinlech ha ja öppe o ig kes lupereins Bärndütsch.

  3. :-) :-) hihi (könnte locker in einem krassen Dialekt kontern … )

  4. sigi

    …ich gäbe was drum, wenn ich mit einem richtigen dialekt aufgewachsen wäre – meinen badischen musste ich als ‚zweitsprache‘ lernen. und jetzt wünschte ich sehnlichst, es wäre mir möglich, schwiizerdütsch (wenigstens irgendeines davon…) sprechen zu lernen so wie ich es verstehen kann.
    pflegt euren dialekt, das ist was wertvolles!!! .oO(und ich lese und höre es noch so gern…)

  5. äs isch äbe schon no krass – ou nei, das geit ja o nid, wi hei mir de früecher gseit wos krass noni het gä? aber mis gürbitaler bärndütsch tönt ja scho wider ganz angersch aus was si ir schtatt redä, mini grosle isch aube schön i d Sätz cho wemer a Büüm hei häregsiicht u derzue si abghocket :-)

  6. jpr

    Hach, Bärndütsch. Aber Sie sagen es: das muss man gesprochen hoeren und es nicht geschrieben sehen. Aber glauben Sie mir: nach ein paar Tagen Ferien wiederzukommen gibt direkt ein entspanntes Gefuehl in den Ohren, wenn ich wieder in Aaregefilden weile.
    Also: lehren Sie den beiden Daemchen bloss, wie Ihnen der Schnabel gewachsen ist, denn ‚richtig‘ zu sein behaupten eh immer andere von sich und sind es genausowenig – Sprache lebt und Hauptsache sie wird am Leben gehalten.

    //PS. ‚Schissdräck‘ allerdings habe ich sehr gern als Lehnwort angenommen (auch wenn’s vielleicht komisch toent), weil es viel befreiender ist, als alles andere :)

    • PS. Berndeutsch ist ein wunderbarer Fluchdialekt, da ist der Schissdräck noch das langweiligste Fluchexemplar.

      • Also zum berndeutsch Fluchen lernen möchte ich sehr die alten Gotthelf-Filme empfehlen, auch die Bücher sind reich an äusserst kreativen und farbigen Exempeln!

        • jpr

          Besten Dank fuer die Tipps, dann gehe ich noch meinen Wortschatz erweitern (auch wenn Renato Kaiser dann noch mehr Gruende findet sich in Bern komisch zu fuehlen).

  7. Ich wohne als Hesse in Bayern verheiratet mit einer fränkischen Frau. Unsere Kinder wachsen sowas von vielsprachig auf …

    Die Franken verniedlichen gerne. Gummibärle (ein Gummibärchen) und Gummibärli (mehrere Gummibärchen). Außerdem haben sie kein „P“ und „T“ sondern nur „B“ und „D“. Wenn meine Schwiegermutter sagt, sie muss noch backen, dann weiß ich nicht, ob sie wegfahren und packen will, oder mir einen Kuchen backen möchte.

    Oder der Lolli: In Bayern luuutscht man einen Luuutscher. In Hessen luttscht man einen Luttscher.

    Und in Hessen fordert man niemanden auf, zu einem her zu kommen. Man sagt: „Komm ma bei misch bei!“

    Aber eigentlich versuchen wir Hochdeutsch zu sprechen.

    Und irgendwo dazwischen leben die kleine Chefin und der kleine Chef.

  8. Yerathiel

    Ich habe beim Berndeutsch bereits nach einigen Sätzen aufgeben müssen- selbst geschrieben verstehe ich kein Wort :-D! Mein Freund ist Franke, die Besuche bei seiner Familie sind sprachlich gesehen auch oft lustig :)

  9. Ich hatte einen elsässischen Schwiegervater (jetzt ex), dessen Tante und Großeltern noch im Berner Oberland sprechen gelernt hatten. Er hat ein reichhaltiges Schimpfwortvokabular, in dem tatsächlich „Schissdrack“ noch zu den harmlosesten Elementen gehört. Die Komponenten „söj-“ und „-kajb“ sind wichtig, wobei ich letzteres nicht etymologisch zuordnen kann – ebensowenig wie „nundrbuckl“ und, was der Nachbar gern sagte, „kopferdecki“.
    „Söjkajb“ rufe ich gern laut, wenn ein ebensolcher mir am Steuer seines Autos in die Quere kommt. Hier in der Charente-Maritime versteht das natürlich niemand…

    • Also ich würde auch das Wort „Soucheib“ noch als relativ harmlos verbuchen, auch wenn es sich schon zielgerichteter an Personen adressiert. Gopf und gopferdechu oder gopfridschtutz ist mir auch bekannt, es ist stark anzunehmen, dass es sich dabei um eine Abkürzung, bzw. Verharmlosung des eigentlichem „Gott verdammi“ (Gott verdamme mich) handelt.

  10. mamansuzanne

    Hmmm, à pros-pos korrigieren: croissants….

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