Shkodra – fast Thethi – Shkodra (Tag 63)


Nach dem wir uns von den Nonnen verabschiedet haben, fahren wir in Richtung albanische Berge, genauer, Richtung Thethi. Der Plan ist, so weit nach oben zu fahren, wie der Gefährte und unsere Fahrkünste es erlauben. Einige meinen, dass wir es mit unserem Gefährt problemlos bis oben schaffen, andere gehen vom Gegenteil aus. Wir verlassen Shkodra und fahren überland, an verstreuten Häusern vorbei, bis die Besiedlung an Dichte verliert. Hier treffen wir auf die weiten Lavendel- und Salbeifelder, die die Nonnen schon kopfschüttelnd erwähnt haben. Die Bauern hier haben, nach dem ihnen von Westeuropäern guter Verdienst versichert wurde, alles auf die beiden Kräuter gesetzt und kämpfen nun ums Überleben, weil sie keine Abnehmer finden. Über weite Strecken wird hier nun in Monokultur bebaut und wertvolles Land in Kürze Brach liegen. Etwas weiter oben werden die Felder noch mit Pflug-Pferd-Gespannen bestellt, was in Albanien, wo Pferde- und Eselkutschen noch zum alltäglichen Bild gehören, nicht sonderlich verwundert. Hie und da sind Schweine anzutreffen, oDer Kühe ohne Autoscheu. Am ausgetrockneten, steinernen Flussbeet stehen die Häuser so nah, dass ich jeden Frühling Angst davor hätte, weggeschwemmt zu werden. Man ist sich hier Ausländer gewöhnt, die Abenteuer in den Bergen suchen, alleine bei unserer Auffahrt begegneten wir mehreren Offroadern mit Dachzelten. Die Strasse ist beinah bis Thethi asphaltiert, aber das oberste Teilstück ist noch in Arbeit. Jeder Strassenarbeiter, dem wir begegnen, versichert uns, dass es für unser Gefährt ohne Probleme möglich sei, auch das Strassenstück in Umbau und den Teil danach zu bewältigen, aber Albaner in Mercedes-Bussen scheinen auch so ziemlich alles umbeschädigt befahren zu können, was bei Weitem, nicht heisst, das wir das auch können. Alls ein Lastwagen vor uns eine halbmeterdicke Schicht Kies über die Strasse verteilt, geben wir jedenfalls auf, eine normale, unbefestigte Strasse wäre kein Problem, aber, nach dem ersten Spuhl- und Durchdrehintermezzo, hegen wir hier Versinkungsangst und kehren um. Der Ausflug hat sich ohnehin gelohnt, für den atemberaubenden Blick über die morgenwolkenverhangenen Berge bin ich gerne hierher gefahren. Wir lassen Hund und Kinder ein wenig über die weite, karg begraste Bergwiese toben und fahren dann zurück nach Shkoder, wo wir uns auf den vielempfohlenen Platz, direkt am See stellen wollen. Als wir fast schon da sind, sehen wir eine dieser riesigen Schrottautoplätze, ja, da stehen Schrottautos, die nach und nach auseinandergenommen und ihre Teile anderswo eingebaut werden, der auf Busse spezialisiert zu sein scheint. An dieser Stelle gilt es vielleicht zu erwähnen, dass wir seit drei Wochen ohne Türgriffe hinten und an der Seite rumfahren, alle paar Autogaragen um Ersatz fragen und diese nie auf Lager waren. Hier gibt es sie jedenfalls. Zwei motivierte Herren, oder vielmehr, ein motivierter Mechaniker und ein übermotivierter Handlanger, bauen uns zwei funktionstüchtige Türgriffe an und die Zeiten, in denen jemand von uns durch den ganzen Bus nach hinten klettern muss, um die Türe zu öffnen, sind endlich vorbei. Für 60 Euro wird all dies erledigt und wir sind startklar. Wohlwissend, dass wir wohl mehr bezahlen, als ein Einheimischer hätte zahlen müssen (was ich nichtmal falsch finde), blödelt Herr G. bei der Geldübergabe rum: „Noch ein paar Griffe und ihr könnt schon mal in Urlaub fahren!“ Der Mechaniker lächelt nur und erzählt, dass er von dem Geld nichts sehe, das überreiche er dem Patrone, der dafür i Hintergrund schlafe. Er verdiene 280 Euro im Monat, vom Lohn seines Handlangers ganz zu schweigen, das reiche nicht für Urlaub. Wir schweigen beschämt, mal wieder, bevor wir zum Abschied winken und den weitläufigen Platz am See aufsuchen.

Bemerknisse
Nach Wochen ohne Hecktüren wurde der Ausspruch „Brauchst du noch etwas von hinten?“, wenn man im Begriff war, die Tür zu schliessen zum geflügelten Wort, das Geräusch unabsichtsvoll zuschlagender Hecktüren zum Auslöser genervten Stöhnens. Klar, wir sind noch nicht so alt und gewisse Beweglichkeit ist auch vorhanden, aber das täglich mehrmalige Klettern, von der Fahrertüre nach ganz hinten, über all unserer Gerätschaften hinweg, wurde mit der Zeit doch etwas mühselig.

Nur weil Albaner dir sagen, dass dein Auto hier und dort problemlos hin kommt, heisst das noch lange nicht, dass DU mit deinem Auto hier und dort problemlos hin kommst.

„Ein Offroader ist, was du zum Offroader machst.“ sagen sich die Albaner, wenn sie milde lächelnd die Westeuropäer mit ihren Adventure-Landrovern überholen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Entschuldigen Sie die eindeutig unattraktivere Fotoanordnung, aber seit dem Update nach iOS8, klappt da mal wieder was nicht. Gnörk!

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Ein Kommentar

Eingeordnet unter Begegnungen, Bemerknisse, Reise 2014, Reisen mit Kindern

Eine Antwort zu “Shkodra – fast Thethi – Shkodra (Tag 63)

  1. kaffeesugen

    Jetzt wärst du quasi vorbereitet gewesen, wieder mit mir zu klettern und promt machen die Türgriffe deine ganzen Trainingsfortschritte wieder kaputt. So was aber auch..!

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