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Fazit einer Vierteljahresreise mit Kindern und Hund


Als wir vor zwei Jahren für ein Vierteljahr zu reisen planten, ernteten wir einige erstaunt bis entsetzte Reaktionen. Ein Reisevorhaben mit so kleinen Kindern (damals 1 und 3) und erst noch in den Balkan, löste hie und da gemischte Gefühle aus, die auch gerne und ungefragt kommuniziert wurden. Das war bei unserem diesjährigen Reiseprojekt anders, unsere Begeisterung nach der letzten Reise hat wohl für sich gesprochen. Im Fazit der letzten Reise schrieb ich einiges von lohnender Beschwerlichkeit beim Reisen mit Kleinkindern, das Reisen mit 1- und 3-jährigen Kindern unterscheidet sich allerdings erheblich vom Reisen mit 3- und 5-jährigen Kindern. Mittlerweile hat die Brut ein Alter, in dem sie selber auf Erkundungstour gehen können, nicht mehr alles Essen, was sie so am Boden finden und ansatzweise auch Vernunft zeigen. Das führt dazu, dass wir, im Vergleich zur Reise von vor zwei Jahren, doch entspannter waren, mehr Sehenswürdigkeiten anfuhren und uns öfters auswärts bekochen liessen. Der Unsicherheitsfaktor Hund, der mir vor der Reise noch einige Sorgen bereitete, stellte uns auch vor keine grösseren Probleme. Die aufwändig besorgten Papiere, Impfungen und Antikörpertests interessierten niemanden auch nur im Geringsten und wurden nur einmal beachtet, von einer Grenzpolizistin, die den Ausweis für Autopapiere hielt. Reisen nach Osteuropa sind vorbehaltslos zu empfehlen, mit und ohne Kinder, Hunde und PartnerInnen, ja, ich wüsste nicht, wie man von einer derartigen Erfahrungen nicht mit geöffnetem Blick, erweitertem Horizont, gewärmten Herz und verschobenen Relationen zurückkehren könnte.

Wir danken all den wunderbaren Menschen, die uns bei unserem Vorhaben in mannigfaltiger Weise unterstützt haben von ganzem Herzen!

Die Reise in Zahlen:

11986 Km (dazu kämen Strecken unbekannter Längen auf Fähren)

14 Länder

22 Grenzüberquerungen

3 Fährfahrten

87 Reisetage, 57 Übernachtungsplätze, davon 45 Camping- oder Stellplätze, 6 Restaurantparkplätze, 1 Appartement, 1 Fähre, vor einer Garage, 2 bei Bekannten, 1 Spitalzimmer, 1 Klostervorhof

1 neues Reifenventil

2 neue (alte) Türgriffe

1 manueller Autowaschgang

9 Wäschewaschgänge, davon 1 Handwäsche

1 Krankenhausbesuch

1 Arztkonsultation

2 Besuche in Autowerkstätten

4 Polizeikontrollen

Gefundene Gegenstände:

2 grüne Sandschaufeln

1 pinke Sandschaufel

1 gelbe Sandschaufel

1 roter Sandeimer

7 Sandförmchen

1 Paar pinke Croks

1 Plastikfigur

1 Haarspange

2 Heringe

3 Fussbälle

1 Tennisball

1 Schaumstoffball

Ein Gala-Heft auf Niederländisch

1 einzelner Socken

2 Kaffeelöffel

Verlorene Gegenstände

>30 Wäscheklammern

2 Heringe

1 Schwimmring

3 Schwimmflügel

1 grüne Sandschaufel

1 pinke Sandschaufel

3 Fussbälle

1 Tennisball

1 Schaumstoffball

1 Wassermelone

1 Sonnenhut

3 einzelne Socken

2 Zahnbürsten

1 Kinderunterhose

1 Löffel

3,5 kg Körpergewicht (alle zusammen)

3 Flaschen Shampoo

Geschenkt bekommen (Kitschkram wie schöne Erfahrungen und innige Momente zähle ich nicht)

4 Maiskolben

3 türkische Gebäcksstücke

1 türkische Rahmsüssspeise

1 türkischer Milchreis

4 Wassermelonen

3 Honigmelonen

4 Nektarinen

4 Birnen

8 Äpfel

3 Kaktusfeigen

4 Handvoll Haselnüsse

2 Fleischknochen

14 Lutscher

21 Bonbons

2 Fresbees

1 Fotoshooting

1 Vergnügungsparkchip

1 Konfitüre

1 Bund Schnittlauch

1 Liter Milch

1 Parkplatzgebühren

32 Schokoladenprodukte

7 bulgarische Berliner

ein braunes Kindershirt

1 Halskette mit blauem Auge

8 Süssgetränke

2 Abendessen

2 Suppen

1, 2, 3, 4, äh, einige Trinkrunden

2 Pflaumen

2 Euro

37 Tomaten

2 Zucchini

1 Aubergine

23 scharfe, kleine Peperoni

4 Gurken

1 Bund Minze

2 Handvoll getrocknete Tomaten

Top 5 der eingepackten Gegenstände

Frau Fankhauser

Wäschesack mit Wäscheleine (Danke, schon wieder, Frau Blomma!)

Hängematte

Töpfchen

ReGa-Visitenkarte

Top 5 der eingepackten Gegenstände. Nicht.

Schwimmwesten

Grill

Nagellack

Sicherndes Hundegeschirr fürs Autofahren

Regenplane

(Ja, wie haben viel gelernt von der letzten Reise)

Top 5 Glücksfälle

Magendarmprobleme wenn allzeit ein Klo bereit

Schlüssel wiederfinden, täglich

Keinerlei ernsthafte Autopannen, Ventilproblem in Werkstattnähe, balkanverbreitetes Gefährt

Rega-Mitgliedschaft

Den richtigen (Nicht-)Sommer wählen

Top 5 Gegenden

Kappadokien, Türkei

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Türkische Schwarzmeerküste

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Peleponnes, Griechenland

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Albanische Berge

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Zwischen Jajce und der kroatischen Grenze, Bosnien und Herzegowina 

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Top 5 Ortschaften

Sarajevo, Bosnien und Herzegowina 

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Gjirokaster, Albanien

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Amasra, Türkei 

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Jajce, Bosnien und Herzegowina 

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Piratenfeenschiff, Pennepoles 

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Top 5 Übernachtungsplätze

Drvenik, Kroatien

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Irgendwo nach Antalya, Türkei 

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Fischrestaurant bei Cide, Türkei 

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Plav, Montenegro

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Irgendwo bei Kavarna, Blugarien 

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Top 5 Stellplätze. Nicht.

Wir scheinen einiges gelernt zu haben, jedenfalls bringe ich keine fünf Negativbeispiele zustande, dafür gibt es einen eindeutigen Kategroriesieger:

Spitalzimmer, Eregli 

Top 5 Begegnungen

Gaga aus Buna bei Mostar, Bosnien und Herzegovina 

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Die Bulgaren aus Sozopol 

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Nilüfer und Serhad mit Jaren aus Istanbul, Türkei 

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Christina und Michaela aus Skopie, Albanien 

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Bleonard aus Malisevo, Kosovo 

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Hier fielen Entscheidungen schwer, denn neben den fünf hier erwähnten Begegnungen, trafen wir auf weitere, ganz wunderbare Menschen, wie Ismail, der uns einen Kreisel drechselte, Antonio, der uns fürstlich bekochte, die Litauer, die uns zu sich nach Hause einluden, der Deutsche Rentner, der den Kinder einen Fingerspiel beibrachte, das sie noch heute täglich aufsagen, die vielen namenlosen aber herzerwärmenden Kurzbegegnungen und nicht zu vergessen die Störche, die uns von Bulgariens Mitte bis Istanbul in atemberaubend schönen Formationen begleiteten und Sinnbild unserer Reise bleiben werden.

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Ioannina (Griechenland) – Sarande (Gijrokaster, Albanien) – Himarë (Albanien) (Tage 58-59)


Am Morgen tun wir, was wir hier lieber verschwiegen würden: Wir fahren in die IKEA, frühstücken da und lustwandeln in den ganzen Einkaufszentren, die nahe Ioannina so rumstehen. Das haben Sie jetzt alles nicht gelesen, denn ich habe das hier auch nie erzählt.
Heute überquere ich erstmals als Fahrerin eine Grenze. Nach den paar Kilometern, die zwischen Ioannina und der albanischen Grenze liegen, bin ich etwas aufgeregt. Nicht wegen der Grenze, aber von unserem letzten Albanienbesuch weiß ich um den zeitweiligen Zustand albanischer Straßen. An der Grenze winkt man uns dann auch gänzlich uninteressiert durch und auf albanischem Boden verinnerliche ich mir, gewissenhaft wie ich bin, erstmal die Schilder, die wie überall nahe der Grenzen, die Geschwindigkeitsbegrenzungen verdeutlichen. Wir wollen als erstes Gijrokaster anfahren, eine Stadt, die wir noch nie besucht haben. Meine Angst vor den Straßen zeigt sich bisher als unbegründet, zwar sind die Brückenübergänge eher erschütternd, aber das ist in all den Balkanstaaten so. Schon die erste Strecke auf albanischem Land, durch die Talebene nach Gijokaster, begeistert erneut, jedenfalls was die beeindruckenden Berge angeht, die Dörfer sind eher langweilig und unschön gebaut. Gijrokaster hingegen, das umgeben von Bergen in beachtlicher Höhe trohnt, vermag sofort zu begeistern. Ineinander verschachtelt stehen die oft weiß getünchten, ein- bis dreistöckigen Steinhäuser, mit steinern geschindelten Dächern und verhältnismäßig großzügigen Fenstern mit Rahmen aus dunklem Holz. Enge, steile Straßen, mit abgewetzten Kopfsteinpflaster führen durch die Gassen und eine Burg imposanter Größe scheint das lebendige Treiben im Städtchen sorgsam zu überwachen. Ich fühle mich an Berat erinnert, das mir schon vor zwei Jahren so gut gefiel. Nach einem Mittagessen im Zentrum, stolpern wir noch etwas durch die Gassen, was leider nicht gänzlich entspannt geht, denn trotz vielen Fussgängern, viele davon Touristen, existieren wenige Fußgängerzonen. Nach einem Besuch auf der Post, wo wir den Beamten dabei helfen, Strassbourg geografisch zuzuordnen, machen wir uns auf den Weg nach Sarandë, wo wir übernachten wollen. Der Weg führt über die karg begrünten Berge, hinunter zur Küste bei Sarandë, wo wir etwas zu spät ankommen um uns eine etwas stadtfernere Bleibe zu suchen. Albanien möchten wir nicht nachts befahren müssen, auch wenn einige Stellen, die uns von vor zwei Jahren als besonders schlaglochdurchzogen in Erinnerung bleiben, heute ausgebessert sind. Vor einem Hotel ohne Charme, dafür mit einer Horde plantschender Pauschalpolen im Pool, stellten wir uns für eine Nacht hin und teilten die Sanitäranlagen mit den Arbeitern, die bis spätabends die Gebäudewartung übernehmen. Sarandë ist an sich keine wahnsinnig schöne Stadt, geprägt von Billigblockbauten auf engem Raum, aber unser Abendspaziergang, der gut besuchten Strandpromenade entlang, zu dem Zeitpunkt, an dem das Licht der untergehenden Sonne jedem Fleck Erde seinen Glanz verleiht, liess uns doch noch einige nette Ecken und vor allem buntes, freundliches Leben entdecken. Besonders der Hund stösst allenthalben auf Liebe, eine Gruppe von gut 20 Romakindern will uns gar nicht mehr weiterziehen lassen und deckt Charlotte grosszügig mit Liebesbekundungen und Küssen ein. Mit vollen Bäuchen schlafen wir ein, Albanien hat uns wieder.

Am Morgen brechen wir in Richtung Butrintit auf, denn da soll es Ruinen in netter Landschaft geben. Die Tatsache, dass wir nur Minuten nach einem Reisecar, vollbesetzt mit den Pauschalpolen auf Plauschtour, vor dem Hotel losfahren und dieser verdächtigerweise die exakt selbe Strecke zu fahren scheint, wie wir, lässt uns etwas an unserem heutigen Reiseziel zweifeln. Schöne Landschaften finden wir, einsam sind sie auch, jedenfalls jenseits der Ruinen. Dort steppt der Touristenbär. Etwas ausserhalb stellen wir den Gefährten ab und machen eine, zwar weniger historische, aber wunderbare Kurzwanderung, bevor wir küstenaufwärts, nach Himarë fahren. Diese Strecke kennen wir von vor zwei Jahren, sie hat sich glücklicherweise, kaum verändert. Durch kleine, für die Meeresnähe hoch gelegene Dörfer, mit Ortskernen, in denen hutragende Männer in Hemden rauchend bei Gesprächen sitzen, Strassenhunde faul rumliegen, hie und da ein angeseilter Esel wartet und etwas ausserhalb Ziegenherden und Kühe durch die Strassen getrieben werden, deren Hirten uns freundlich zuwinken. Autos stressen die Tiere längst nicht mehr, im Gegenteil, ich bin ziemlich sicher, dass sie sich insgeheim für körperlich überlegen halten. Immer wieder sehen wir Campingschilder, aber anstatt neue Stätten anzufahren, möchten wir zurück auf den Platz, der uns vor zwei Jahren schon gut gefallen hat. Wenn ich hier erzähle, dass man da zwischen Orangen- und Olivenbäumen steht, klingt das allerdings lauschiger, als es ist, denn der Platz ist mitten im Ort, aber Örtlichkeit und Umgebung sind es auch nicht, die uns zurück ziehen, vielmehr ist es die Tatsache, dass der Platz sehr charmant und freundlich geführt wird. Wir finden den Platz tatsächlich unverändert vor, was etwas schade ist, weil mit etwas Arbeit doch einiges hätte herausgeholt werden können. Trotzdem fühlen wir uns wohl, essen Mittagsreste von gestern kühlen uns im klaren Wasser ab, können den Hund problemlos frei laufen lassen und kochen abends erstmals seit Langem wieder selber.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass in den letzten zwei Jahren doch einige Veränderungen stattgefunden haben, wie stellenweise ausgebesserte Strassen, mehr Touristen und massenhaft hässliche Blockbauten im Dienste des Tourismus. Letzteres findet sich allerdings bisher nur an der Küste und auch da noch relativ konzentrierte und wenig ausufernd.

 

Bemerknisse

Die Geschwindigkeitsbegrenzungen auf albanischen Strassen sind in der Regel gut sichtbar und Schilder folgen in regelmässigen Abständen. Wer sich allerdings daran hält, wird zur unliebsamen Verkehrsbehinderung. Der allgemeine Geschwindigkeitsdurchschnitt liegt 30km/h über der angegebenen Geschwindigkeit und das gänzlich unabhängig vom Strassenzustand.

Nach wie vor ist es toll, in Albanien mit weissem Mercedes-Bus umher zu fahren. Allenthalben wird aufgesprungen, freudig gewunken und gerufen. (Dass man uns mit den üblicherweise weissen, mercedessenen Sammeltaxis verwechselt und man uns nachträglich wegen unverlangsamter Weiterfahrt beschimpft, lässt sich mit etwas Übung ganz gut ignorieren.

In Albanien ist deutlich weniger Flachvieh anzutreffen. Das liegt, vermute ich, nicht an geschickteren Tieren, vorsichtigeren Autofahrern oder koordinierterem Wegräumdienst, sondern wohl an den Schlaglöchern, in denen die Tiere sich in Sicherheit bringen können.

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Neapolis – Stoupa – Elaja – Ioannina (Tage 56-57)


Was wir in den letzten Tagen gemacht haben, war nett, entspannend, es waren Strandferien. Das Problem, das ich mit Strandferien habe, ist, dass sie mich relativ rasch langweilen. Deswegen reise ich lieber, als dass ich urlaube. Deswegen reise ich individuell, statt pauschal. Wenn ich reise, will ich fremde Kulturen sehen, Neues entdecken, Unerwartetes erfahren und genau das fehlt mir in Griechenland, trotz seiner unbestritten unvergleichlichen Schönheit. Wohl fanden wir durchaus auch Schaurigschönes, wie dieses rostene, gestrandet verlassene Schiff, oder Faszinierendes, wie die Tropfsteinhöhlen, die wir im Boot befahren konnten, wir fanden einsame Strände, lauschige Standplätze und gutes Essen und wir genossen alles im vollen Zügen. Der penepolessche Finger Mani ist beispielsweise vollumfänglich für einen Urlaub zu empfehlen, er ist eine rauhe, bergige Schönheit, umgeben von kleinen Steinbuchten mit klarstem, türkisblauem Wasser, die Geburtstätte des griechischen Kampfes gegen die Osmanen, besiedelt in Form kleiner, konzentrierter Dörfer aus dichtstehenden Steinhäusern, allenthalben sind Burgen oder ihre Ruinen zu sehen, die von der Verteidigung gegen Piraten zeugen und überhaupt ist die Gegend wunderbar anschaulicher Zeitzeuge früherer Wirklichkeiten. Der Penepoles an sich ist unheimlich vielfältig in seinen landschaftlichen und historischen Angeboten und unbedingt für einen mehrwöchigen Urlaub zu empfehlen und, Dank der am Möglichkeit einer Verschiffung nach Patras, liegt er nicht all zu fern. Aber sehen Sie sich einfach selber einige Gründe an, die für eine Reise hierhin sprechen:

Einleitend habe ich es ja schon erwähnt: ich habe genug gestrandet, ich will mehr sehen. Heute fuhren wir nach Ioannina, morgen werden wir nach Albanien fahren, wo wir hoffentlich wieder mehr reisen und weniger urlauben. Das Land kennen wir ja schon etwas von unserer Reise vor zwei Jahren, als es uns erst gar nicht so gefallen hatte und uns im zweiten Anlauf doch noch zu fesseln vermochte. Ich bin gespannt auf Veränderungen und Wiedersehen.

Bemerknisse
Die linienpositiven Tage in der Türkei sind vorbei, Griechenland frittiert uns sein Gemüse und Herr G. muss aufgrund allseitiger Fetaaversion jeweils die doppelte Käsemenge essen, denn den griechischen Salat ohne Feta zu servieren, fällt den Griechen ziemlich schwer, oder das griechische Hirn hat schlicht keinen Ort um die Bitte, den Salat fettafrei zu servieren, zu speichern. Ich werde trotzdem fetter, Herr G. wird feta. (Muaha.)

Griechische Strassen sind hervorragend beschildert, eine Wohltat nach den Erfahrungen in Bulgarien. Der Ausbau der Straßen scheint allerdings hier viel Zeit in Anspruch zu nehmen und nach wie vor gilt es, die „die Straße endet hier“- Schilder ernst zu nehmen und die Umleitung zu befahren, denn wenn die Schilder sagen, dass die Straße endet, endet die Straße wirklich. Unmittelbar. Gerne auch direkt im Abgrund.

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Astros – Foutia – Neapolis (Tage 54-55)


Nach dem wir die Tage auf dem Platz bei Astros damit zugebracht haben, uns wieder in ahnsehnliche Formen zu bringen, den Gefährten zu säubern und Wäsche zu waschen, fahren wir am Morgen sauberen Gefühls in Richtung Lakonien, einem der penepolesschen Finger, die wir auf der letzten Reise ausgelassen haben. Bereits nach wenigen Kilometern wird uns wieder klar, weswegen wir den Penepoles schon damals so mochten: Neben grandios blauem Meer und pittoresken Dörfern, sind auch massive, einsame Berge zu entdecken. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass heute der erste Tag dieser Reise ist, an dem ich micht tatsächlich hinters Steuer setze, einfach weil mir immer sehr gute Gründe einfielen, es nicht zu tun. Dass ich fotografieren muss, beispielsweise, denn Herr G. fotografiert, nun, manchmal etwas verzögert. Jedenfalls fahre ich also erstmals den Gefährten länger als 10 Kilometer und erst noch eine Klitztekleinstbergstrasse hoch und durch enge, griechische Dörfer. Ich habe mich grundlos geziert, gilt es anzufügen, der Gefährte ist trotz seiner Länge nicht wesentlich schwieriger zu händeln als ein normaler Personenwagen. Allerdings sehe ich zugegebenermassen ungleich weniger von der Landschaft, als ich mir das aus Beifahrertagen gewohnt bin. Den Vorgelagerten Koloss von Monemvassia, den wir erblicken, kaum haben wir wieder Küste erreicht, nehme ich aber trotzdem wahr. Ein zwei-, ja, dreigeteiltes Städtchen auf Festland, Inselboden und Inselhöhe, wunderschön anzusehen, auf einem braunen Koloss mit heller Grashaube, umgeben von tiefblauem, zum Land hin in hellem Türkis ausfransendem Wasser. An einem der zahlreichen wenig besuchten Strände in der Nähe halten wir, um uns im klaren Wasser abzukühlen. Nach kurzer Zeit werden wir auf Schweizerdeutsch begrüsst, kommen ins Gespräch und werden eingeladen, den Gefährten für eine Nacht vors Haus der beiden Schweizer zu stellen. Das ist insofern bemerkenswert, als wir uns auf unserer Reise, allenthalben gelebte Gastfreundschaft erfahrend, die Frage gestellt haben, ob das in der Schweiz ebenso wäre und begründete Zweifel hegten. Susanne und Roger, so heissen die beiden, zeigten uns jedenfalls, dass es spontane Gastfreundschaft auch als Schweizer kennt. Die beiden Zürcher (Zwischen 45 und 60) sind begeisterte Surfer, kennen die Gegend seit 15 Jahren und fahren jährlich hierher, in ein Haus Familienangehöriger, das in wunderbarer Lage, mitten in einem kleinen Dorf, in beachtlicher Höhe liegt. Die Aussicht ist atemberaubend, das Haus schön renoviert und so in Stand gehalten, dass nichts von seinem griechischen Charme verloren ging. Nach einem kleinen Usoexkurs verbrachten wir eine ruhige, schlafreiche Nacht.
So ruhig wie für uns, war die Nacht für unsere Gastgeber nicht, denn diese, insbesondere Susanne, machten sich Sorgen, ob unsere Kinder bei dem Lärm tatsächlich schlafen können. Natürlich erkundigen wir uns nach den nächtlichen Lärmquellen, die wir, bis auf den Hahn, der um 3 Uhr, von der im Traum aufquietschenden Äm geweckt wurde und den Schrei wohl mit geflügelinternem Weckdienstaufruf verwechselt hat, nicht wahrgenommen haben. Als Susanne uns schliesslich miauende Katzen, bellende, entfernte Nachbarhunde, Füchse und Raschelnde Olivenbäume nennt, kichern wir in uns hinein. Wahrlich, in den Wochen unterwegs haben wir weit Lauteres erfolgreich mit Schnarchen übertönt.
Die beiden Zürcher führen uns, auf der anderen Seite des Berges, nahe Neapolis, zu ihrem Lieblingsstrand, der sich kilometerweit und minimal bemenscht der Küste entlang zieht. Die Kinder baden ausgiebig, Äm legt den Trotzanfall ihres Lebens in den Sand und der Hund hält sich grundsätzlich bis Bauchhöhe im Wasser auf. Als die Sonne uns zu heiss wird, begeben wir uns in der grössten Hitze in den Schatten und fahren danach etwas weiter, zu einem der wohl schönsten Strände, die ich je gesehen habe. Direkt neben einer nicht minder wunderschönen Lagune, in der wir sogar einen Flamingo entdecken, liegt der Kiesel-Sandstrand mit einer Wasserfarbe, die ich bisher nur von Südseebildern kenne, unter der Wasseroberfläche die versunkene Stadt, die wir mit Taucherbrille ausgerüstet sogar noch ausmachen können. In den Felsen, die sich alle zehn bis zwanzig Meter wie Landzungen ins Wasser ziehen, sind noch ausgeschnittene Hock- und Liegegräber auszumachen und überhaupt gibt es hier für alle Beteiligten viel zu entdecken. Hier verbringen wir auch den Rest des Tages, bevor wir uns zum Abendessen nochmal mit den Zürchern und den anderen Mitgliedern der eingefleischten Gemeinschaft, zum ¨besten Essen Griechenlands¨ treffen. In netter Gesellschaft sitzen wir am Tisch bis lange nach dem Zeitpunkt, an dem die Kinder auf unseren Beinen eingedöst sind.

Bemerknisse
Was für das zurückhaltungs- und überhöflichkeitsgewohnte Schweizer Ohr klingt, als würden gerade handfeste und lautstarke Streitgespräche geführt, deren Ausgang durchaus auch Verletzte und Tote nach sich ziehen könnten, sind wahrscheinlich nur ganz normale Gespräche unter Griechen.

Griechen grillen ähnlich ausgiebig wie die Türken:

Campende Türken mögen ihren Grill. Campende Türken mögen ihren Grill mittags und abends. Der Grill von campenden Türken kann echt viel Rauch. Der Grill von campenden Türken kann Rauch für 16 Fussballfelder. Campende Türken grillen aber neben ihren Zelten. Die Zelte von campenden Türken sind Dampfabzüge. In Zelten von campenden Türken passt Rauch für 16 Fussballfelder.

Allerdings grillen Griechen lieber vor fremden Zelten.

Die Griechen mögen Kinder, aber Hunde mögen so noch lieber. Die Aufmerksamkeit, die die Kinder in der Türkei auf sich gezogen haben, wird jetzt dem Hund zuteil.

 

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Magnetstreifen gibt es.


Als ich auf unserer Vierteljahresreise vor zwei Jahren, irgendwo in Mazedonien, einige Scheine in der Landeswährung zu beziehen versuchte, verweigerte sich der Geldautomat mit der Begründung, dass ich keine Berechtigung zum Geldbezug hätte. Vorerst unbesorgt, denn auf der Durchreise durch Montenegro und Albanien hatte ich gelernt, dass Automaten eher nach dem Zufallsprinzip funktionieren, suchte ich einen anderen Geldautomaten. In einer Kloake aus, im besten Falle Hundeurin, wurde ich schliesslich fündig. Ich versuchte den Pin-Code einzutippen und dabei möglichst wenige Berührungspunkte mir der Tatstatur zu schaffen. Mehr als je zuvor, bedurfte es einiger Selbstbeherrschung, ekelbedingt nicht einfach die saubersten, sondern die korrekten Tasten zu drücken, um so enttäuschender war es schliesslich, als der Automat mir dreist vorwarf, nicht genügend Geld auf dem Konto zu haben. Das war der Moment, in dem mir die Sache langsam ungeheuer wurde und als drei weitere Automaten in drei verschiedenen Kleinstädten dieselben Vorwürfe erhoben, ward mir richtig bang. Wir fuhren nach Griechenland, in der Hoffnung, die Geldverweigerung läge an Mazedonischen Bankomaten, aber, unschwer zu erahnen, auch in Griechenland gab kein Automat Geld aus. Glücklicherweise hatten wir noch einige Noteuros und Herrn Gs Kreditkarte dabei. Davon liess sich einige Tage leben, während ich versuchte in Kontakt mit der Schweizer Post, meinem Geldhort, zu treten. Ich verbrachte so viel Zeit in der telefonischen Warteschleife, dass in Anbetracht der horrenden Roaming-Gebühren davon auszugehen war, dass sich mein Kontostand spätestens jetzt tatsächlich im Minusbereich bewegte. Wenigstens zeigten sich die Personen am Telefon verständnisvoll, versicherten mir, dass mit Konto und Geld alles stimme und klärten mich darüber auf, dass es im Ausland durchaus vorkomme, dass ältere Karten, wie die meine, aufgrund einer Magnetstreifenabnutzung nicht mehr funktionieren. Unkompliziert und innerhalb zwei Tage könne man mir die neue Karte liefern, sofern ich mich an gut erreichbarem Orte befände. Zwischen zwei Telefonaten und weiteren Stunden in der Warteschleife, organisierte ich schnell einen Zwischenstopp samt Lieferadresse in Istanbul und zwei Tage später konnte ich tatsächlich eine neue, funktionierende Karte in Empfang nehmen. Freude, grosse Freude und Hallo Wissenszuwachs: Postfinancekarten funktionieren in der Schweiz mit Chip, im Ausland mit Magnetstreifen, was erklärt, weshalb daheim alles lief, im Ausland aber nicht.

Nun steht die nächste Reise an. Ich habe seit diesem Kartenwechsel die selbe Karte, der Schluss liegt also nahe, dass der Magnetstreifen im Ausland seinen Zweck wieder nicht erfüllen kann. Mit der Frage, wie sich das hier überprüfen lasse, stelle ich mich also vor den nächsten Postschalter.

„Guten Tag! Wie viel wollen Sie abheben?“ Er begrüsst mich mit einem nervösen Blick in die Runde, es warten viele Kunden.

„Eigentlich nichts, ich will nur wissen, ob der Streifen noch funktioniert.“, versuche ich es noch mal.

„Wie-vie-hiel?“ Genervt versucht der Herr am Schalter es damit, ganz besonders deutlich und laut mit mir zu sprechen.

„Ähm, 50 Franken?“, gebe ich auf, vielleicht muss ich ja etwas abheben, um das genau überprüfen zu können.

„Das müssen Sie wissen. Stecken Sie die Karte ins Kästchen!“, er weist auf das alltägliche, überall vorhandene Transaktionskästchen zu meiner Rechten. Ich bin irritiert, man hat mir zuvor erklärt, dass die hier alle mit Chip arbeiten.

„Arbeitet das mit dem Magnetstreifen…“ Er unterbricht mich:

„Das arbeitet! Stecken Sie die Karte ins Kästchen!“ Er schiebt mir den Kasten direkt unter die Nase und zeigt mit Vehemenz auf den Schlitz für die Karte.

„… oder mit dem Chip?“, beende ich meinen Satz und zeige auf den Chip auf meiner Karte. Vorsichtshalber halte ich allerdings die Karte nicht zu nah an mein Gegenüber, ich fürchte, er könnte sie mir entreissen und endlich eigenmächtig in das verdammte Kästchen stecken.

„Chip auch, ja. Stecken Sie die Karte ins Kästchen!“ Tatsächlich streckt er die Hand nach meiner Karte aus. Er hat etwas an Farbe gewonnen, in den letzten Minuten, und seine Stimme zittert.Ich halte mir die Karte auf Gesichtshöhe, ich kenne das von meinem Hund, ist dessen Aufmerksamkeit, von Essbarem zu sehr absorbiert, muss auch ab und zu wieder auf die Informationsquelle „Gesicht“ gelenkt werden, damit er der Aufforderung wirklich folgen und Folge leisten kann.

„Chip oder Magnetstreifen?“ , rage ich mit strengem Blick.

„KARTE INS…“ er setzt zum Schreien an, um sich in letzter Sekunde und mit Blick auf die wartenden Kunden eines Besseren zu besinnen, „…Kästchen!“, zischt er mich an.

„Ich will kein Geld!“, zische ich zurück.

„Wieso sind Sie denn hier?“ Er resigniert sichtlich.

„Ich weiss, dass der Chip funktioniert, ich will nur die Magnetstreifenfunktion überprüfen lassen…“, unterstreichend deute ich auf beide Kartenbestandteile, mein Gegenüber hinter dem Schalter wirkt ruhiger, ich hoffe.

„Das ist doch das selbe! Stecken Sie die Karte ins Kästchen!“ Der eben noch Wütende, fleht mich nun an und schon wieder fühle ich mich an den Hund erinnert. Er will doch nur Liebe.

„Ääähm, Nein, das ist nicht das selbe!?“ Langsam verunsichert mich sein Unverständnis.

„Wie nicht?“ fragt er und ich male mir aus, wie sich die Telefonberatungsverantwortliche von vor zwei Jahren einen Scherz erlaubt hat, wie es gar keinen Magnetstreifen gibt, wie ich die einzige bin, die an ihn glaubt, wie ich mich da hineinsteigere, wie innig verbunden ich mich mit dem Magnetstreifen fühle, wie der Magnetstreifen mir plötzlich Dinge befielt, wie ich ihn im Ausland nicht mehr höre, wie ich deswegen nationalistisch werde und plötzlich seltsame Parteien wähle, wie sich mein Freundeskreis hilflos von mir abwendet, wie ich alleine dastehe und in lichteren Momenten irgendwas mit Anfängen und Magnetstreifen murmle, während ich Kreditkarte um Kreditkarte auf der Suche nach Magnetstreifen säuberlich zerlege. Trotzdem setze ich zur Wiederholung der Erklärung von vor zwei Jahren an:

„In der Schweiz arbeiten die Automaten vorwiegend mit dem Chip, der Magnetstreifen kommt im Ausland zum Einsatz. Tatsächlich wäre ich ansonsten ganz allein, ohne Hilfe am Schalter, auf die Idee gekommen, das Kärtchen am nächstbesten Automaten zu testen, so ein bisschen Restintelligenz ist schon da.“

„Grmml… Das wusste ich grmnichtmel…“, murmelt er kleinlaut.

„Dann können Sie das wohl auch nicht testen? Bestellen Sie mir vielleicht einfach eine neue Karte?“ Ich versuche wohlgesonnen und freundlich zu klingen.

„Jawoll. Und wieviel wollten Sie noch mal abheben?“, fragt er ebenso freundlich. Ich reiche ihm meine Daten und verabschiede mich.

 

Ich habe eine Karte. Sie hat einen Chip und einen unzerkratzten Magnetstreifen. Magnetstreifen gibt es.

 

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