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Über die Korrelation von TVAbstinenz und erleichtertem Kinderschuhkauf


Kleiderkaufen ist nur per Bestellung ein Unterfangen, das nicht ebensogut für die Folter eingesetzt werden könnte. In meinem Falle besonders grausam: Hosen, denn ich habe 4/4 Beinfülle verteilt auf ¾ Beinlänge. Wo ich mich beim Einkauf in überhitzten Umkleidekabine von Hose zu Hose quetsche und schlussendlich nach dem sechsten Paar, körperlich und seelisch am Ende, aufgebe, weil nahtloses Hosenanprobieren ist Hochleistungssport, das kann ich allen, die Sie mit 4/4 Beinlänge durchs Leben wandelt, versichern. Oberbekleidung und auch sonst praktisch alles ausser Unterwäsche probiere ich gar nicht mehr an, denn diesen Kleidungsstücken sieht man ja wohl an, ob sie passen, jedenfalls gehe ich jeweils genau davon aus, bis ich daheim, beim Eintragen, über die Ärmel meines neuerworbenen Pullovers stolpere oder sonst aus allen Nähten platze.

NOCH SCHLIMMER ist es, wenn ich Schuhe kaufen sollte. Nicht nur, dass ich relativ hohe Ansprüche an Optik und Gewicht (ich mag keine leichten Schuhe) meines Schuhwerks habe, die Ausdehnungen meines Fusses sind auch noch äusserst unkonform (Kinderlänge, Männerbreite). Sie sehen: Ich leide.

NOCH SCHLIMMER ist es, mit Kindern Schuhe zu kaufen, denn dafür muss die Brut mitgenommen werden, Schuhwerk muss ganz genau passen, so sagten schon unsere Ahnen: „Beim Schuh darf nicht gespart werden, weder an Geld noch an Zeit Perfektion zu finden.“ Nun gut, das war frei erfunden, gute Schuhe sind finde ich wichtig. Einfach so. Jedenfalls müssen die Kinder beim Schuhkauf mitkommen. Für den Anstrengungsgrad spielt hierbei kaum eine Rolle, ob der Nachwuchs aus Unlust jedes Anprobieren verweigert, oder, zwar  probierlustig, nur Pinkglitzerbilliglatschen an seinen Fuss lässt. Beides resultiert in derselben Situation: Stark nervenreduzierte Erziehungsberechtigte, randlierender Nachwuchs, verwüstete Schuhregale und VerkäuferInnen in Schweiss- und Tränennässe. Womit wir zu dem Punkt kommen, auf den ich eigentlich hinaus wollte: In der ganzen Forschungen und Diskussionen rund um das TV-Konsumverhalten von Kleinkindern wird ein Aspekt, der massiv gegen den regelmässigen Konsum spricht, sträflich vernachlässigt: Der Schuhkauf. Man suche eines dieser Gigantoschuhgeschäfte mit Kinderecke samt Kinderfernseher, locke sein Kind in die entsprechende Ecke und die sekundenschnelle, wundersame Verwandlung von Trotzzwerg zur zwar offenmundigen, starrenden, herrlich stummen und vor allem willenlosen Marionette, die jeden Schuh widerstandslos anprobiert, mit einigen gezielten taktilen Impulsen, wenn nötig auch geführt, einige Probeschritte ungern vor, aber problemlos wieder zurück marschiert und ganz gewiss keine Anstalten macht nach Einhornsujets und Sohlen mit Stroboeffekten zu verlangen. Schuhkauf ohne Drama, Dank TV Abstinenz.

Sollten Sie sich nun fragen, wie man als Eltern nach dem Schuhkauf auch noch glimpflich und mit gebührend flächendeckendem Nervenkostüm aus den Schuhgeschäften findet,  empfehle ich für das Kaufintermezzo die Zeit kurz vor Ladenschluss zu wählen, oder vorangehend genügend Proviant, optimalerweise mit berauschender Wirkung, einzupacken und der Dinge zu harren, oder Sie nutzen die Wartezeit und bereiten sich auf Situation vor, in der Sie sich in Bälde befinden werden, wenn Sie als Besuch eine Wohnung mit Fernseher betreten und die Kinder lauthals nach Schuhproben schreien.

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Eingeordnet unter Elternsein, Erziehung, Neulich